Hallo liebe Onlinehändler! Heute tauchen wir in das Abenteuer des Sourcings in Asien ein – ein Land, wo die Sonne der Geschäftsmöglichkeiten nie untergeht. Als jemand, der mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Produktbeschaffung sowohl für den Lebensmitteleinzelhandel als auch für die Industrie gesammelt hat und nun eine Sourcing-Agentur leitet, teile ich heute mit euch einige Weisheiten und Warnungen aus meinem Fundus an Erfahrungen. Und glaubt mir, ich habe in dieser Zeit mehr Fehler beim Sourcing in Asien gemacht und gesehen, als ich zugeben möchte. Aber genau darum geht's: aus Fehlern lernen.
Bevor wir tief in die Geschichten eintauchen, lasst uns über Marktforschung sprechen. Es klingt vielleicht wie ein Thema, das mit Sourcing erst einmal nicht besonders viel zu tun zu haben scheint, allerdings bringt der perfekte Produzent mit den sensationellsten Preisen nichts, wenn das Produkt keiner braucht. Einst dachte ich, ein Produkt zu finden, das sich anfühlt, als wäre es die Antwort auf alle Gebete des Marktes, sei ein Kinderspiel. Wir hatten einmal eine Idee für ein Küchengerät, das so innovativ war, dass es buchstäblich niemand anders auf dem Markt hatte. Warum? Weil niemand es brauchte. Die "geniale" Idee kam aus einem Brainstorming nach drei zu vielen Kaffees und null Marktforschung. Ergebnis: Ein Lager voller Staubfänger.
Die Moral von der Geschicht'? Ohne solide Marktforschung seid ihr wie ein Seemann ohne Kompass – ihr werdet irgendwo landen, aber wahrscheinlich nicht da, wo ihr hinwolltet. Natürlich, es ist durchaus möglich durch reinen Zufall den Schatz ohne Karte zu finden – nur leider ziemlich unwahrscheinlich.
Versteht die Bedürfnisse eurer Zielgruppe, bevor ihr auch nur einen Cent in Produktmuster investiert.
Jetzt, wo wir wissen, dass unser Produkt theoretisch der nächste „Hot Pot“ sein könnte, sprechen wir über die kulturellen Unterschiede beim Sourcing in Asien. Und damit meine ich nicht nur, dass ihr "Danke" und "Bitte" in fünf asiatischen Sprachen sagen könnt. Geschäfte in Asien zu machen, ist wie ein Tanz – und ihr wollt nicht auf den Füßen eurer Partner herumtrampeln. Bei meinem ersten Trip nach China Mitte der 80er Jahre zum Verhandeln mit Lieferanten, war ich so stolz auf meine fleißig auswendig gelernten chinesischen Phrasen, dass ich dachte, ich könnte die Welt erobern. Stellt euch meine Überraschung vor, als ich erfuhr, dass Geschäftsverhandlungen dort mehr mit Respekt, Geduld und dem Verständnis subtiler Hinweise zu tun haben, als damit, wer am lautesten spricht. Ich habe schnell gelernt, dass ein Lächeln und ein Kopfnicken nicht immer Zustimmung bedeuten – manchmal ist es einfach nur Höflichkeit, während sie überlegen, wie sie euch höflich sagen können, dass eure Idee Wasser nicht mal zum Kochen bringen würde.
Baut Beziehungen auf, versteht die Etikette, und vor allem, nehmt euch Zeit. In Asien wird Geschäft auf Basis von Beziehungen gemacht. Ein schneller Deal ist selten ein guter Deal. Zeigt Interesse an der Kultur, lernt ein paar Worte in der Landessprache und – mein Geheimtipp – bringt immer ein kleines, durchdachtes Geschenk mit. Nichts schreit mehr "Ich bin ein ernstzunehmender Geschäftspartner" als eine gut gewählte lokale Spezialität aus eurem Heimatland.
Nun, da wir alle beste Freunde mit unseren asiatischen Partnern sind, lasst uns über Geld reden. Die Kosten- und Zeitplanung ist das Rückgrat eures Geschäftsplans. Ich kann euch nicht sagen, wie viele Male ich gesehen habe, dass Kosten "überraschend" in die Höhe schnellen, weil jemand vergessen hat, die Lieferzeiten, Zollgebühren oder sogar Feiertage (ja, das chinesische Neujahr kann wirklich alles zum Erliegen bringen) zu berücksichtigen. Einer unserer Kunden war sich einmal beim Import eines besonders trendigen Küchengeräts so sicher, dass er wirklich alles bis ins kleinste Detail geplant hatten. Alles lief glatt, bis er realisierte, dass die Lieferung genau in die Woche des chinesischen Neujahrs fiel. Ratet mal, was passiert ist? Nichts. Absolut nichts. Für zwei ganze Wochen. Der Zeitplan war ruiniert und er musste seinen Kunden erklären, warum ihre brandneuen, unverzichtbaren Küchenhelfer auf einem Schiff irgendwo im Südchinesischen Meer feierten, statt in ihren Küchen zu sein.
Budgetierung ist nicht sexy, aber insolvent zu gehen ist es noch weniger. Denkt an jede erdenkliche Ausgabe, die euer Geschäft treffen könnte – von den offensichtlichen wie Produktionskosten bis zu den hinterhältigen, unerwarteten wie Zollgebühren, die sich einschleichen wie ein Ninja in der Nacht. Und dann, als ob ihr für eine Zombie-Apokalypse plant, addiert noch einen Puffer dazu. Diese "kleinen Überraschungen" tauchen auf wie unerwünschte Schwiegereltern an einem Sonntagmorgen. Die Kunst besteht darin, vorbereitet zu sein. Es geht nicht darum, ob sie kommen, sondern wann. Indem ihr wirklich jede mögliche Ausgabe berücksichtigt – denkt an Versandverzögerungen, Qualitätskontrollen, Wechselkursrisiken, schwankende Containerpreise etc. – rüstet euch mit einem finanziellen Fallschirm aus, der euch vor dem freien Fall bewahrt. Seid der Budget-Held eures Unternehmens, nicht der Schurke.
Jetzt, wo wir über Geld gesprochen haben, lasst uns über etwas sprechen, das noch wichtiger ist – die Qualität. Ich kann euch aus erster Hand sagen, dass nichts euer Online Business schneller in den Abgrund reißt als ein paar schlechte Bewertungen wegen mieser Qualität. Glaubt ihr, die Leute vergessen? Das Internet vergisst nie. Anfang 2000 hatten wir uns dazu entschieden, ein in unseren Augen „revolutionäres Produkt“ zu importieren. Die Muster sahen fantastisch aus – bis die eigentliche Lieferung dann ankam. Stellt euch vor, ihr öffnet einen Container, der voll mit Produkten ist, die eher wie ihre eigenen, missglückten Klone aussehen. Das war nicht nur ein Albtraum in Sachen Kundenbeschwerden, sondern auch ein Crashkurs in "Wie verbrenne ich Geld 101".
Investiert in eine ordentliche Qualitätskontrolle, bevor ihr auch nur daran denkt, eine Bestellung zu versenden. Und wenn möglich, macht die Qualitätskontrolle persönlich oder beauftragt jemanden, dem ihr wirklich vertraut. Ein Bild kann tausend Worte sagen, aber es kann auch tausend Mängel verbergen.
Nun, lasst uns ein wenig über das spannende Thema der rechtlichen und regulatorischen Anforderungen sprechen. Klingt nach Spaß, oder? Nun, vielleicht nicht nach Spaß, aber es ist absolut notwendig. Ignoranz schützt vor Strafe nicht – besonders nicht, wenn es um Import- und Exportgesetze geht. Erinnert ihr euch an das "revolutionäre" Haushaltsgerät aus dem vorangegangene Kapitel? Nun, es stellte sich heraus, dass es nicht ganz den europäischen Sicherheitsstandards entsprach. "Nicht ganz" ist dabei eine Untertreibung. Wir mussten eine komplette Lieferung zurückrufen. Und ratet mal, wer die Kosten dafür tragen musste? Richtig, wir. Nun ja, was soll ich dazu sagen – wir waren euphorisch und wollten unser neues „revolutionäres“ Produkt so schnell es geht an unsere Kunden ausliefern, daher haben wir ausnahmsweise auf eine externe Qualitätskontrolle verzichtet.
Hätten wir damals unsere Hausaufgaben gemacht, hätten wir eine Menge Geld und vor allem Kopfschmerzen sparen können. Lesson learnt.
Macht euch mit den Zollvorschriften vertraut und stellt sicher, dass eure Produkte alle notwendigen Zertifizierungen und produktspezifischen Standards erfüllen, bevor ihr diese für die Produktion freigebt. Falls ihr euch nicht sicher seid: ein guter Anwalt oder eine erfahrene Sourcing-Agentur kann hier Wunder wirken – und euch vor potenziellen Katastrophen bewahren.
Zu guter Letzt: Unterschätzt niemals den Wert langfristiger Beziehungen. Beim Sourcing ist Vertrauen alles. Ihr wollt Lieferanten, die mit euch durch dick und dünn gehen, nicht solche, die bei der ersten Gelegenheit die Preise erhöhen oder die Qualität vernachlässigen, wenn ihr kurz nicht hinschaut. Wir hatten einmal einen Lieferanten, mit dem wir über Jahre hinweg eine solide Beziehung aufgebaut hatten. Als dann die Preise für Rohmaterialien in die Höhe schossen, haben viele unserer Konkurrenten die Preiserhöhungen direkt zu spüren bekommen. Unser Lieferant hielt jedoch an den ursprünglichen Konditionen fest, bis wir gemeinsam eine Lösung finden konnten, die für beide Seiten tragbar war. Sowas ist unbezahlbar.
Sucht nach Partnern, die eure Werte teilen und euer Geschäft wirklich verstehen wollen. Seid bereit, in diese Beziehungen zu investieren – nicht nur mit Geld, sondern auch mit Zeit und Respekt.
Langfristige Partnerschaften führen zu besseren Preisen, besserer Qualität und zuverlässigeren Lieferketten.
Lasst uns ehrlich sein, Leute: Sourcing in Asien (oder irgendwo anders) ist kein Spaziergang im Park. Aber mit der richtigen Vorbereitung, einem scharfen Auge für Details und einer Portion Geduld könnt ihr die Fallstricke beim Sourcing in Asien umgehen und eurem Business zu ungeahntem Erfolg verhelfen. Von Marktforschung über Qualitätskontrolle bis hin zum Aufbau langfristiger Geschäftsbeziehungen – all diese Elemente spielen eine entscheidende Rolle im Sourcing-Prozess. Und wenn ihr mal einen Fehler macht (was passieren wird), nehmt es mit Humor. Lernt daraus und macht weiter. Der Markt wartet auf eure nächste große Idee. Bleibt neugierig, bleibt ambitioniert und vor allem: Bleibt dran. Der Weg zum Erfolg ist gepflastert mit Fehlschlägen, aus denen wir lernen. Und wer weiß, vielleicht werden eure Sourcing-Abenteuer eines Tages die Grundlage für eure eigenen Anekdoten sein, die ihr an die nächste Generation von Onlinehändlern weitergeben könnt. Bis dahin, happy Sourcing!